Nyckelharpa-Geschichte(n)

Nyckelharpa

Nyckelharpa "1.0" - die kaum bekannte Tastenfidel

Vorneweg gesagt: Der Artikel handelt von einem Musikinstrument. Es ist kaum bekannt und sehr alt, wird aber immer beliebter und aufs Neue erfunden. WAS ist eine Nyckelharpa?

Sie ist so unbekannt, dass selbst die Netzsuche beim ehrwürdigen Brockhaus "Leider keine Suchergebnisse" ergibt. Bei Wikipedia wird man fündig: "Die Nyckelharpa ist ein Streichinstrument. Mit Hilfe eines kurzen Bogenswerden ihre Saiten in Schwingung versetzt. Die Tonhöhe der Melodiesaite(n) wird dabei durch das Betätigen von Tasten, den "Schlüsseln", bestimmt."

Aha. Doch erst wenn man die Nyckelharpa vor Augen hat, wird es deutlich: Das Instrument ist aus Holz, fast ein Meter lang, besitzt sechzehn Saiten und dazu eine schier unübersichtliche Anzahl von Tasten. Wie funktioniert es nun? Ähnlich wie bei einer Geige streicht man mit einem Bogen die Saiten an. Von den meist sechzehn Saiten können vier als Melodiesaiten angestrichen werden, die anderen zwölf Resonanzsaiten liegen etwas tiefer und dienen, wie bei der Sitar, zur Tonverstärkung. Die Taste ersetzt nun quasi den Finger: Während man bei einer Geige die Saite herunter drückt, so schiebt man bei der Nyckelharpa die Holztaste an die Saite heran und kann so den entsprechenden Ton spielen. Die Tasten sind wie bei einer Schreibmaschine neben- und übereinander in Reihen, meist drei - oder vier, angelegt. Da nun für jede Note eine Taste vorhanden ist, ergeben sich bei einer Nyckelharpa durchschnittlich 40 Tasten, doch gibt es auch Modelle mit mehr als 60 Tasten...

Die Biografie: Der Ursprung der Nyckelharpa liegt im Mittelalter. Erste Abbildungen findet man in Sienna, Oberitalien; berühmt ist auch das Steinrelief an einer Kirche in Gotland, Schweden. Selbst in Deutschland war im 16 Jh. das Instrument bekannt und wurde von Michael Praetorius in seiner "Syntagma Musicum" als Schlüsselfidel beschrieben. Die Nyckelharpa kam allerdings schlichter als heutzutage daher. Sie besaß drei Saiten und nur eine Tastenreihe mit zwölf Tasten. Im Laufe der Jahrhunderte wurde diese einfache Nyckelharpa - die übrigens unter dem Namen "Moraharpa" bekannt ist - ständig verändert und weiterentwickelt. Interessant in diesem Zusammenhang ist es, dass die Nyckelharpa in Europa nach dem 16 Jh. verschwand, während sie in Schweden stets weiterentwickelt wurde und als DAS schwedische Instrument gelten darf. Eine Quantensprung erfuhr die Nyckelharpa Mitte des letzten Jahrhunderts, als sie mit einer Chromatik und drei Tastenreihen versehen wurde und ihre heute bekannte Form erhielt. Verdient um die Nyckelharpa hat sich vor allem Eric Sahlström gemacht, nach dem das heutige Musikinstitut in Tobo, Schweden, benannt ist. Als ausführliches Fachbuch zu der Historie sei hier übrigens das Buch von Jan Ling: Nyckelharpan, 1967 & Berlings, Lund, 1979, (ISBN 91-518-1272), empfohlen.

Nyckelharpa 2.0 - die Geige mit der Schreibmaschinen-Tastatur im Wandel

Die Nyckelharpa erfuhr in den letzten Jahren eine stetig steigende Wiederentdeckung von Musikern und Veränderungen von Instrumentenbauern. Der Musiker, Komponist und Instrumentenbauer Holger Funke formulierte es so: "In eine Violine legt jeder Musiker seine eigenes Interpretation hinein, doch er verändert das Instrument an sich nicht - eine Nyckelharpa aber fordert den Musiker heraus, sie zu verändern. Beim Spielen stößt man an bisher nicht bekannte Klänge, da liegt es auf der Hand, das Instrument auch dahingehend so zu bauen, dass mehr solcher Töne gespielt werden können!" Holger Funke, der als der deutsche Nyckelharpaspezialist bekannt ist, entwickelte daraufhin in Zusammenarbeit mit schwedischen Nyckelharpabauern verschiedene, teils exotische Modelle. So wurde eine Nyckelharpa gebaut, die zwar den historischen, mittelalterlichen Korpus besitzt, aber eine moderne, umfangreiche Tastatur. So ist es möglich, auch modernes Repertoire, aber mit historischem Klang, zu spielen. Eine ebenfalls neu entwickelte Grossbass-Nyckelharpa spielt in Kontrabass-Lage und gilt als weltgrößte je gebaute Nyckelharpa.

"Korg MS 20 und die Musik von Tangerine Dream waren in den 80er mein musikalischer Beginn" sagt Holger Funke, der mit seinem Ensemble Poeta Magica heutzutage eher in worldmusic-Gefilden unterwegs ist. "Damals musste der Klang erst selbst gestaltet, kreiert werden, bevor man ihn spielen konnte. Doch dann war jeder Ton einzigartig, wurde neu nuanciert, differenziert. Diesen Klangmöglichkeit wollte ich auch auf der Nyckelharpa". Resultat dieser Überlegung ist nun die elektrische Nyckelharpa: Der Ton wird manuell, mit dem Bogenspiel, erzeugt und durch den Spieler variiert, jedoch elektrisch abgenommen und mit Effekten versehen - und man hört volle Klänge, in die sich das Klappern der Tastatur mischt...

Die Nyckelharpa verändert den Musiker. Der Musiker verändert die Nyckelharpa.
Die veränderte Nyckelharpa.... Die Reise ist noch nicht zu Ende.

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